Hallo liebe Leser!
Mein Name ist Alina. Zumindest einer meiner Namen. Der Name, den ich mir ausgesucht habe.
Einen Namen ausgesucht? Geben nicht eigentlich immer die Eltern ihren Kindern die Namen?
Das ist richtig, auch ich bin da eigentlich keine Ausnahme. Allerdings gaben meine Eltern nur ihrem Sohn einen Namen. Das dieser in seinem Inneren aber auch ihre Tochter wahr, das haben sie erst 20 Jahre später so richtig erfahren, denn ich wusste es selber vorher nicht sicher.
Aufgewachsen bin ich ziemlich normal, möchte ich vermuten. Das irgendwas nicht stimmte, falsch war, darauf wäre ich nie gekommen. Zwar kann ich mich daran erinnern, dass wir auf der Grundschule ein Tick-Spiel Mädchen gegen Jungs hatte, bei dem Jungs, die von Mädchen erwischt wurden, den Mädels helfen mussten und ich mich oft habe freiwillig fangen lassen, aber ich hatte mir nie sonderlich viele Gedanken darüber gemacht.
Erst später merkte ich, dass ich Mädchen auf eine Art und Weise anziehend fand, die nichts mit Paarung oder Partnerschaft zu tun hatte. Lange versuchte ich mir selbst auszureden, zu sein wie ich war, bis ich mir 2008 (?) schließlich eingestand, dass ich Transvestit bin, war oder zu sein glaubte.
Lange Zeit war es eine Art Hobby für mich, in die Rolle einer Frau zu schlüpfen, die irgendwann den Namen Alina bekam. Nicht, weil sie eine andere ist, sondern weil es mit zur "Verkleidung", die doch keine war, gehörte. Ich lernte nach und nach immer mehr, nicht mehr so sehr wie ein Mann in Frauenkleidern und mit Schminke zu wirken, sondern mehr und mehr wie eine Frau. Ich habe sicher kein perfektes Passing, aber abgesehen von meiner Körpergröße habe ich wirklich einiges an Glück mit meinem Körper. Mein Gesicht ist nicht typisch männlich, sondern zumindest ein Stück weit androgyn, meine Körperbehaarung lässt sich Zeit mit dem Wachsen, ich werde von mindestens zwei guten Freundinnen um meine Beine beneidet... Ich kann wohl wirklich froh darüber sein.
Dann kam jedoch, kurz bevor ich diesen Blog angefangen habe, der Umbruch: Ich habe mich vor einer guten Freundin, ihrem Freund (dem Großen) und deren Mitbewohner (dem Kleinen) geoutet. Auf ihre Frage hin erzählte ich, dass ich das Crossdressen, das Ausleben von meiner Alina-Seite also, nur in meinen eigenen vier Wänden, meistens sogar nur in meinem Zimmer, betreiben konnte, unter Anderem auch, weil mein Bruder noch nichts von seiner Schwester wusste. Die drei waren sofort der Meinung, dass müsste man ändern: Nicht nur darf ich seit her immer wenn ich bei den Dreien bin Alina sein, nein, sie wollten mit mir nach Hamburg zu einer Veranstaltung, die ich aussuchen durfte - als Alina.
Seit dieser Ausflug bevor steht, mit dem dieser Blog quasi angefangen hat, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich Transvestit bin - oder Transsexuell. Ich war sehr nervös vor dem Ausflug und revidierte viele meiner bisherigen Ansichten über mich selbst. Ich outete mich vor meinem Bruder. Und stellte schließlich fest, dass es sich für mich einfach normal anfühlte, in Hamburg Alina zu sein - und auch sonst eigentlich überall. Dass es sich derart selbstverständlich anfühlte, längere Zeit als Alina zu verbringen, zeigte mir, dass ich die Frau in mir wohl größer ist, als ich bis dahin angenommen hatte. Spätere Erfahrungen als Alina unterstützen diese These. Seit dem Versuche ich herauszufinden, wer ich bin: Mann, Frau, dazwischen oder gar außerhalb dieses Schemas?
Ich denke, dass ich ziemlich mittig zwischen Mann und Frau stehe, aber ich weiß nicht, welches klassische Geschlecht mir näher ist. Was ich derzeit noch ziemlich stark vermute, ist, dass ich kein Leben zwischen den Geschlechtern führen möchte. Ein Leben als Mann und als Frau vielleicht, mir also von Situation zu Situation aussuchen, wer ich bin. Aber mich von beiden Abgrenzen möchte ich nicht.
Ich verstehe, dass es Leute gibt, die dies tun und kann sogar ihre Beweggründe ein Stück weit nachvollziehen. Aber ich kann mich mit beiden Rollen gut identifizieren. Mit keiner ganz, aber mit beiden viel. Einen ständigen Wechsel zwischen Mann und Frau kann ich mir vorstellen, vielleicht auch ein Leben primär als Mann oder ein Leben primär als Frau. Aber eines von beiden ganz zu sein oder keines von beiden zu sein - das ist für mich persönlich nicht die Lösung.
Oh, und wenn hierüber jemand stolpert, der sich denkt:
"Wie kann jemand, der/die so zwischen den Geschlechtern steht, so politisch und queer theoretisch inkorrekt den generischen Maskulinum im ersten Satz verwenden?",
dem sei mein Blog-Eintrag vom 27.August 2011 ans Herz gelegt.
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